Wenn sieben eine Reise tun !
Skandinavien - das war schon seit Jahren unser Traum! Sogar unsere Englischkenntnisse wurden zweieinhalb Jahre auf Vordermann gebracht, so gut es eben ging. Die ersten drei Hunde liesen wir auf den Titer (Tollwutantikörper) hin untersuchen. Es wäre eigentlich alles in Ordnung gewesen, wenn - ja, wenn ich nicht so Reiseängste hätte. Die Zeit verging. Unsere vierte Hündin kam zur Welt und die Fünfte liess auch nicht lange auf sich warten. Doch der Wunsch klopfte immer wieder an, und ich sagte meinen Ängsten den Kampf an. Nun begannen wir unsere Tierärzte zu nerven. Da die Titer-Bestimmungen der älteren drei Hündinnen schon drei Jahre zurücklagen, wäre es äusserst wichtig gewesen, die Tollwutimpfung terminbewusst (innert Jahresfrist) zu erneuern. Genau das verschlampte ich bei Nalleni um 5 Wochen. Also musste sie meinetwegen nochmals für eine Blutentnahme hinhalten. Arme Nalleni! Tundra, unsere Jüngste, war die grösste Sorge. Sie konnte ja erst mit 5 Monaten das erste Mal gegen die Tollwut geimpft werden. Anschliessend besteht eine 4 Monate lange Wartefrist, damit die Antikörper aufgebaut werden können. Erst dann darf Blut für die Bestimmung entnommen werden. Unsere Tierärztin riet mir, ich solle sie nach einem Monat nochmals impfen lassen, so wäre die Wahrscheinlichkeit grösser, dass sie genügend Abwehrstoffe aufzubauen vermochte, und der Titer genügend hoch sein würde. Ich willigte ein. Es würde gerade noch reichen. Am 13. Januar 2005 wäre die Blutentnahme, und am 4. Februar war die Abreise geplant . Passt doch - oder? Weist eine Titerbesimmung ungenügend Antikörper auf, muss der Hund nochmals geimpft werden und die Wartefrist besteht aufs neue. In diesem Fall hätte Tundra einen Ferienplatz gebraucht. Aber wie heisst es so schön - positiv denken kann Berge versetzen. Das wollten wir zwar nicht, aber wir glaubten daran, und der 13. Januar war angebrochen. Über die Blutentnahme von Tundra möchte ich noch ein wenig ausholen. Tundra stand auf dem Tisch - ich hielt sie fest in meinen Armen (so dachte ich wenigstens). Die Tierärztin setzte die Kanüle an - ein Stich - und Tundra zog das Bein zurück. Die Ärztin meinte, sie wolle es anders machen. Sie würde Tundra stechen, die Kanüle aber gleich wieder heraus nehmen. So würde es etwas länger dauern, das Blut würde aber auch so herausfliessen. Als die Ärztin die Vene durchstochen hatte und die Kanüle herauszog, spritzte das Blut auf den Tisch und über die ach so schön weisse Pfote. Sie schaute Tundra an und stellte fest, dass es ihr schlecht werden würde. Ich schaute die Ärztin an, die meine stumme Frage mit - das kann schon mal vorkommen - beantwortete. Kaum hatte sie den Satz ausgesprochen, fühlte sich Tundra immer schwerer und schwerer an. Sie sackte förmlich in meine Arme. Nach abgeschlossener Prozerdur hiefte ich sie vom Tisch in der Annahme, eine stille, eher torckelnde Hündin ansehen zu müssen. Doch weit gefehlt! Ich muss wohl kaum erwähnen, wer die Schnauze zuvorderst hatte, als die Guetzlidose ihre beliebten Naschereien freigab.
Am 24. Januar hatte ich erneut einen Termin, dieses Mal mit Thaiga. Da erhielt ich auch die so erhoffte Bestätigung, dass wir mit all unseren Schlitzohren verreisen durften. Bei diesem Termin konnte ich gleich alle fünf Hunde mitnehmen. Mir kam noch rechtzeitig in den Sinn, dass die Hunde innerhalb 14 Tagen vor der Abreise tierärztlich entwurmt werden mussten. Das Datum und die Uhrzeit sind nun in den Hundereisepässen registriert. Das mit den Pässen für unsere Stupsnasen empfanden wir als die happigste Reisevorbereitung. Sicher braucht es viel Zeit, sich zu informieren und Leute zu fragen, die schon Reiseerfahrungen hatten mit Skandinavien. Doch das Internet ist ja heute nicht mehr wegzudenken, und so kann man in der heuten Zeit schon sehr viel von zu Hause aus erarbeiten. Einzig der Gang zum Amtstierarzt, dessen Stempel auch nicht fehlen durfte, konnte mir das Internet nicht ersparen. Ist auch gut so, denn ich bin wieder um ein nettes Gespräch bereichert worden.
Langsam aber sicher fügten sich die Puzzles der Vorbereitungen zu einem reisefertigen Ganzen zusammen. Aber wie es so spielt, kommt meistens noch etwas dazwischen. Thaiga's Termin beim Tierarzt bestätigte meine Befürchtung. Sie litt innerhalb 10 Monaten an der fünften Blasenentzündung. Das Leiden begann, als Nalleni ihre Welpen hatte. Zufall? Die Symptome waren damals so krass - sie konnte zu Beginn vorübergehend nicht einmal mehr Wasser lösen. Winzige Kristalle versperrten den Weg. Über den erneuten Befund war ich frustriert. Wer mir in die Quere kam, wurde sofort beschlagnahmt, damit ich "mein" Leid klagen konnte. Somit geriet auch Tundra's Therapeutin in den Kreis meiner Zuhörer. Sie ist unter anderem eine erfahrene Züchterin und verfügt über ein riesieges Fachwissen über die Hunde. Sie fragte, ob ich Thaiga nicht nochmals decken wolle. Ich verneinte und begründete dies mit dem Alter von Thaiga. Sie gab mir zu bedenken, dass Thaiga bereits schon mal Welpen hatte. Sie an ihrer Stelle würde es riskieren. Sollten die Promleme mit der Blase nicht aufhören, würde sie eine Kastration in Erwägung ziehen. Meine Gedanken gerieten ins Schleudern. Nach ein paar Telefonaten stand es fest. Wir wollten es wissen. Der Vater der Welpen stand auch schon fest. Zu Thaiga sagte ich, dass es die letzte Gelegenheit sei, die ich ihr zugestehen würde, um nochmals Welpen zu haben. Eine Läufigkeit später wäre sie dann achtjährig, da würde ich es ihr nicht mehr erlauben. Zu meiner grossen Freude zeigte Thaiga grosses Interesse an Runaco. Dummerweise wählten die beiden das Deckdatum genau am Samstag vor unserer Abreise. Uns kam zu Ohren, dass es unter Umständen nicht so glücklich sei, eine so frisch gedeckte Hündin einem so grossen Abenteuer auszusetzen, wie wir es vorhatten. Uns blieb keine Wahl. Was nun Thaiga aus dieser Situatuion machen würde, würde sich zeigen. Nicht vergessen hatte ich, dass Thaiga beim ersten Mal mit einer Deckinfektion reagiert hatte. Tag für Tag kontrollierte ich sie. Keine Reaktion! Unser Abreisedatum war zugleich der letzte Tag ihrer Läufigkeit. Sie sah gut aus. Zuversichtlich beendete ich meine letzten Vorbereitungen für die grosse Reise in Richtung Schweden.
Zu unserer Freude gesellte sich noch ein Arbeitskollege von Beat für einen kurzen Abschiedsbesuch zu uns. Als wir uns unterhielten, machte ich noch die letzten Handgriffe in der Küche. Langsam ober sicher gestaltete sich das Haus als verlassenswürdig, so dass wir es guten Gewissens unseren Nachbarn überlassen konnten. Noch schnell die Hundenäpfe und die Gschwellti richten - voilà. Seit Nalleni die Dickdarmentzündung hatte, erwiesen sich die Gschwellti als ideales Zusatzmittel. Folgedessen kochte ich noch eine Pfanne voll davon, um zu Beginn der Ferien noch etwas an Vorrat zu haben. Dachte ich wenigstens. Im Eifer stellte ich die Näpfe mit Inhalt in den Gang. NIE hätte ich daran gedacht, dass die Gschwellti eine Verlockung darstellen könnten. Völlig sorglos führte mich ein weiterer Transport in den Gang. Abrupt blieb ich stehen. Ist denn das die Möglichkeit? Im obersten Napf strahlten mich noch drei Kartoffeln an. Die Vierte lag halb zerlegt zwischen Belyj Jar's Pfoten. Ergreifen sie die günstige Gelegenheit! Das wurde mir soeben bildlich vorgeführt. Irgendwie musste ich über mich selber lachen. Einzig was mich beunruhigte war, dass mir dieses Missgeschick so kurz vor der Abreise passieren musste. Um 15.30 Uhr war es soweit! Voll beladen machten wir uns auf den Weg. Unser Tagesziel war Kassel. Doch um 22.00 Uhr machte sich die Kriese bemerkbar. So steuerte Beat die Raststätte Uttrichshausen an. Erst jetzt konnten wir uns alle verpflegen. Wie gut, dass die Schlitzohren noch eine kleine Zwischenmahlzeit ergattern konnten. Dumm sind sie nicht. Das vermochten sie einmal mehr mit Nachdruck unter Beweis zu stellen.
Auf der Raststätte war reges Treiben. Wir waren umringt von ettlichen grossen Brummis, die ein ähnliches Ziel hatten wie wir. Mitten in der Nacht erwachte ich und wollte kurz mit den Hunden nach draussen gehen. Beat war auch wach. Doch er wollte nicht mehr weiterschlafen - er wollte weiter. Um 3.35 Uhr reihten wir uns bei den fahrenden Brummis wieder ein. An diesem Morgen musste ich am eigenen Körper erfahren, wie schwer doch so ein Kopf sein kann. Meiner war überall, nur nicht dort wo er eigentlich hingehörte. Zum Glück hatte Beat die bessere Körperbeherrschung.
Je nördlicher wir kamen, desto öffter sahen wir die stromgewinnenden Windräder. Sie sind auch in der Schweiz anzutreffen. Nun begannen sie mich zu beschäftigen. Ich liess mich aber nicht auf zu grosse Spekulationen ein, da wir diese praktischen Dinger nur beim Vorbeifahren bestaunen konnten.Wieder war eine allgemeine Bisipause angesagt, als Beat sagte, ich solle nach vorne schauen. Was war das? Drei lange - sehr lange Lastwagen standen etwas abseits und warteten auf den Weitertransport. Und was hatten sie geladen? Drei Blätter eines Windrades - pro Lastwagen ein Blatt. Imposant! Vor der Weiterfahrt konnte ich es nicht sein lassen, und ich musste ein Blatt ablaufen gehen. Mit grossen Schritten lief ich dem Blattende zu. Nach 40 Schritten war ich aber noch nicht an der Spitze angelangt. So konnte ich nun sagen, dass die Länge um die 42 Meter sein musste. Ich war beeindruckt. Jetzt hatten wir wenigstens einen Anhaltspunkt. Zufrieden schaute ich dem weiteren bunten Treiben auf und neben der Autobahn zu. Bei einem weiteren Zwischenhalt setze mich Thaiga ohne Umschweife in die Realität ihres Unbehagens zurück. Beat schlenderte mit drei Hunden vor mir, ich folgte mit dem Resten. Einen kurzen Blick auf Thaiga's Hosen - und ich wusste Bescheid. Gelblich verklebte Haare waren das unverkennbare Zeichen einer Deckinfektion. Ach nein! Ich machte mir Vorwürfe, dass ich nicht vorsorglich Medikamente besorgt hatte. Es wäre so einfach gewesen. Zu hadern half jetzt auch nichts. Die Situation bestimmte meinen ersten Weg in Schweden. Er würde nach der Begrüssung von Liselotte und ihrer Familie direkt zum Tierarzt führen. Dem Ärger zum Trotz wollte ich mich vor den vielen aufregenden Eindrücken nicht verschliessen. So erfreute mich jedes Reh, das ich von der Autobahn aus erblicken konnte. Auch die vielen Wildgänse, die in ihren typischen Pfeilformationen über uns hinwegzogen, weckten meine Aufmerksamkeit auf's Höchste.
Die Reise führte uns immer näher nach Puttgarden. Dort musste eine Fähre unser Weiterkommen übernehmen. Schon bald tauchten die Schilder auf, die das richtige Einspuren anzeigten. Wohnwagenreisende hatten sich auf der Spur Nummer 14 einzureihen. Beat stellte fest, dass auf der 14 ein Gleis in den Asphallt eingebaut war. Ich dachte nur - stillgelegte Bahnlinien würde es doch überall geben. Ach wie klein doch das Wissen der Frau Stäger über die grosse, weite Welt ist. Da staune ich immer wieder. Nichts ahnend wurden wir auf der Fähre auf die linke Spur eingewiesen. Und da stand er auch! Ein ganz normaler Zug mit drei Kompositionen! Mein Unterkiefer geriet vorübergehend ausser Kontrolle. Wieder gefasst, musste ich das Ganze genauer unter die Lupe nehmen. Die Fahrgäste im Zug fragten sich wahrscheinlich, was es da zu glotzen gäbe. Tschuldigung, aber so etwas musste ich einfach gesehen haben.
Frisch gestärkt verliessen wir die Fähre - direkt auf dänischen Boden. Unser nächstes Ziel war die Öresund-Brücke, die wir ohne Zwischenhalt anpeilten. Wir fuhren auf der Autobahn in der Meinung, irgendwann die Brücke erblicken zu können. Statt dessen führte sie direkt in einen Tunnel. Da sind die Aussichten ziemlich eingeschränkt. Wenig später fuhren wir dem vielbesagten Licht am Ende des Tunnels entgegen. Wieder am Tageslicht, stellten wir fest, dass wir vom Meer umgeben waren. Naja! Auf der uns vorgegebenen Autobahn entfernten wir uns immer weiter weg vom Festland. Plötzlich schoss es uns durch die Köpfe - wir waren bereits auf der Öresund-Brücke! Eigentlich schade. Ich hätte sie so gerne fotographiert. Es blieb mir keine Wahl, und ich machte ein paar Fotos vom Auto aus. In einem schon fast ehrfürchtigen Glücksgefühl überquerten wir diese Meeresenge. Schon erstaunlich, zu was die Menschheit fähig ist.
Die Öresund führte uns direkt in unser heissersehntes Land SCHWEDEN! An der Mautstelle entrichteten wir die Gebühr und leisteten uns gleich einen Patzer. Wir erwähnten die Hunde nicht und gefragt wurden wir auch nicht. Iritiert steuerten wir die nahe gelegene Information an. Uns war wichtig, bewilligt einreisen zu dürfen. Andernfalls hätten wir die ganzen Umtriebe mit den Hundepässen nicht verstanden. Die Frau in der Information hörte uns zu und griff zum Telefon. Nach einem kurzen Gespräch teilte sie uns mit, dass wir warten sollten, der Beamte würde sich herbemühen. Oje! Unsertwegen musste er sein Auto besteigen und uns nachfahren.Also hätten wir es gleich an der Mautstelle sagen müssen. Wenige Minuten später standen wir uns gegenüber. Er musterte uns und fragte, ob wir einfach so hätten einreisen wollen. Ich entschuldigte mich und sagte, dass es zu schnell gegangen wäre und dass ich es schlicht verpasst hätte, das Richtige am rechten Ort zu sagen. Ein kurzer Blickwechsel und er waltete seines Amtes Pflichten. Nach den kontrollierten Chips und Pässen quittierte er jeden Pass mit einen Stempel, und wir bedankten uns für sein Bemühen. Nur für die Luftsprünge und Purzelbäume über die eigentlich unkomplizierte Einreise (wir hatten es uns ganz anders vorgestellt) blieb keine Zeit. Es war Samstagnachmittag, und Thaiga brauchte einen Tierarzt. Zum Glück waren wir mit Liselotte verabredet. Sie besitzt eine Tochter von Belyj Jar und ist im vergangenen Jahr wieder nach Schweden gezogen. Wir freuten uns schon lange auf die Familie und Phelicia. Gleich zu Beginn musste ich ihr "mein" Leid klagen. Sie setzte sich ans Telefon und erreichte tatsächlich einen Arzt. Er wohnte im selben Dorf wie Liselotte und würde um 18.30 Uhr zu Hause sein. Nun war die Frage, was man Sinnvolles mit der Zwischenzeit anstellen konnte. Liselotte hatte eine geniale Idee - einen Spaziergang ans Meer. Ja natürlich! Ich war erst ein Mal am Meer. Warum nicht die Gelegenheit beim Schopf packen? Zudem waren unsere Hunde schon soo lange im Auto gewesen, denen wäre dieser Vorschlag sicher eine willkommene Abwechslung. Gesagt - getan. Bereits nach wenigen Minuten war es soweit. Wir standen am Meer! Für unsere Schlitzohren war dies auch ein grosser Moment. Völlig sorglos und ausgelassen feierten sie ihre Premiere mit Herumtollen. Der wunderschöne Muschelsandstrand lud förmlich dazu ein. Mir erging es ähnlich, nur dass ich von den kleinen Muscheln restlos in ihren Bann gezogen wurde. Sogar die Hunde entschwanden für kurze Zeit aus meinen Gedanken. So entgingen mir die tollkühnsten Spiele unserer Lieblinge. Wie mir Beat jedoch versicherte, zeigten die Hunde grosse Freude an der neuen Umgebung. Scheinbar besass Tundra die grösste Menge an gebündelter Energie. Intensiv benutzte sie die Möglichkeit, dieser überschüssigen Energie ungebremsten freien Lauf zu lassen. Nichts stand ihr im Weg. Die Emotionen flippten mit ihr derart aus, sie konnte sich erst nach einer Bruchlandung ins Meer wieder etwas gesitteter aufführen. Leider verpasste ich diesen Seitensprung. Mir blieb nur noch zu beobachten, wie sie sich dieses kalte, nasse Etwas im Sand abzustreifen versuchte. Ach wie gut taten wir daran, die Zeit am Meer zu verbringen. Als kleinen Wink des Schicksals empfand ich den Sonnenuntergang. Zu Hause schmeichelte uns die Sonne schon so oft mit den atemberaubensten Stimmungen. Aber dass sie uns bis nach Schweden begleiten würde, um uns in den glühensten Farben willkommen zu heissen, mit dem hatten wir nicht gerechnet. Langsam aber sicher erblasste ihr Schauspiel und überlies die Kulisse der heranbrechenden Nacht. Überglücklich schlenderten wir nach Hause, begleitet von sechs zufriedenen Hunden und einem halben Kilo Sand. Liselotte fand, wir sollen die Stupsnasen ruhig mitnehmen. In der Badewanne versuchten wir die Ausgetobten salonfähig zu machen. Phelicia leistete Phayun in der Wanne Gesellschaft. Schliesslich waren sie schon gemeinsam in derselben Wurfkiste - also wo sollte das Problem sein?! Zu unserer grossen Freude muss ich erwähnen, dass Phelicia Belyj Jar's Ebenbild ist - nur etwas grösser und mit einem prächtigen Schwanz. Eine wunderschöne Hündin! Nach der Hundewäsche wärmten wir uns mit Kaffee auf. Wieder war es Tundra, die alle Aufmerksamkeit auf sich zog. Ihr Becken war schief, und sie musste herzzerreissend hinken. Naja - wenn dem Austoben keine Grenzen gesetzt werden, können schon solche Nachwirkungen als Begleiterscheinungen auftreten. Ob wir sie auch zum Tierarzt mitnehmen sollten? Nein, dieses Malheur schien mir nicht lebensbedrohlich. Sollte sich die Geschichte nicht selber ins Lot bringen, hätte ich immer noch reagieren können. Das ist eben unsere Tundra. Wenig später machte sich Liselotte mit mir und Thaiga auf den Weg zum Tierarzt. Ich war ja so dankbar für "meine" Dolmetscherin. Der Tierarzt verpasste Thaiga eine Spritze und händigte mir ein Rezept aus. Das ist so in Schweden. Der Tierarzt stellt die Diagnose, und in der Apotheke wird einem das Medikament laut Rezept verkauft. In unserer Situation sassen wir fest, da es Wochenende war, und die erste Apotheke sonntags erst um 8.00 Uhr öffnete. Es war ja weiter nicht schlimm. Thaiga war für's erste behandelt, und das war das Wichtigste. Unterdessen bereitete Mikael das Nachtessen zu. Es duftete herrlich. Gemeinsam mit Ellinor und Christopher (die jüngsten Zwei) genossen wir die Köstlichkeiten. Die Stunden vergingen viel zu schnell, wir hatten ja so viel Gesprächsstoff. Nach einer kurzen Nacht durften wir uns mit einem feinen Frühstück bei Liselotte und Mikael für die Weiterreise stärken. Hiermit sende ich ein ganz herzliches Dankeschön für die unvergesslichen und gemütlichen Stunden bei Familie Molander nach Schweden.
Gezwungenermassen führte uns der erste Abstecher nach Malmö - in die Apotheke. So ein kleiner Notfall kann auch seine Vorteile haben. Stadtfahrten mit dem Wohnwagen sind gar nicht nach unserem Geschmack. Doch wenn es schon sein musste, dann schon am Sonntagmorgen. Um diese Zeit waren die Strassen noch fast unbenutzt. So konnten wir uns ein wenig Zeit lassen für ein paar Eindrücke um festzustellen, dass Malmö eine schöne Stadt sein muss. Wieder zurück auf der Autobahn nahmen wir den längsten Teil unserer Reise in Angriff. Leider setzten wir uns selber unter Druck, indem wir unser Eintreffen auf dem Campingplatz auf den heutigen Abend angekündigt hatten. Eigenlich schade, denn die Reise wurde immer gemütlicher und interessanter. Die Dörfer mit den typisch schwedischen Häusern wurden immer kleiner und die Wälder immer grösser. Der Tag überliess das Zepter der Nacht, als ich feststellen musste, dass wir schon ewig lange kein Haus mehr gesehen hatten. Ein kritischer Blick auf den Bezinanzeiger - naja für eine Weltreise würde es nicht mehr reichen. Aber bis Malung musste er einfach durchhalten. Auf solchen Strecken hoffte ich immer, dass unser Auto ausdauernd genug sei, und uns nicht im Stich lassen würde. Zurückblickend kann ich sagen, dass es seine Aufgabe zu unserer vollsten Zufriedenheit ausgeführt hat. Endlich! Die Lichter von Malung erhellten den Horizont. Beruhigend zu wissen, dass wir bald auftanken konnten. Westwärts setzten wir unserem Ziel - Sälen - entgegen. Malung bei Nacht ist wunderschön. Mein Blick blieb immer wieder an den Häusern hängen. Es war mir schon bei Liselotte aufgefallen, dass Licht etwas ungeheuer Wichtiges sein muss. Das nächtliche Malung bestätigte meinen Eindruck. Sämrtliche Häuser waren hell erleuchtet, aber anders als in der Schweiz. In Schweden ist es üblich, jedes grössere Fenster innen mit einer eigenen Lampe auszuschmücken. Ob sie stehen oder hängen, sie erhellen gemeinsam mit der normalen Raumbeläuchtung die Behausung. Scheinbar ist der Mensch in der Jahreszeit, in der die Sonne so rahr ist, dankbar für jede weitere Lichtquelle. Ich denke, Licht hat für die Nordeuropäer eine andere Bedeutung als für die Mittel- und Südeuropäer. Die schwedischen Häuser bei Nacht faszinierten mich. Sie strahlten eine gewisse Wärme und Offenheit aus. Dies wurde noch bestärkt, indem die Vorhänge, Storen oder Fensterläden unbenutzt an ihrem Ort belassen wurden. Das Licht verfehlte seine Wirkung nicht.
Das Auto fuhr immer näher nach Sälen. Beinahe hätte ich vergessen, dass ich etwas vermisste. Logisch! Die Strassen waren aber. Wo war denn nur der Schnee geblieben? Jetzt waren wir soo weit gefahren und die Schneemenge war so wie bei uns zu Hause. Was soll's. Ich habe auch schon von Leuten gehört, die in die Karibik geflogen waren und eine Regenzeit erwischt hatten. Sälen! Wir hatten unser Ziel erreicht. Etwas ausserhalb Sälen lag unser Campingplatz. Er befand sich auf der Schattenseite dieses Tals und die Hoffnung auf Schnee entflammte erneut. Doch was war das? Glatteis! Auf dem Campingplatz ging Beat an die Reception und meldete uns an. Wieder zurück erzählte er mir brühwarm, dass es kurz vor unserer Ankunft geregnet hatte. Super! Da hat es doch tatsächlich auf den gefrorenen Boden geregnet. Überall, wo der Schnee (in Schweden mit grossen Baggern und Schaufeln) weggeräumt worden war, spiegelte das Glatteis um die Wette. Wie versprochen erhielten wir einen Platz am Rande der grossen Anlage. Judihui - das erste Mal gemütlich schlafen in Schweden!
Am Montag beschäftigten wir uns mit auskundschaften, Checks wechseln und splitten.Unter anderem marschierten wir zu Fuss ins Dorf. Es dauerte nicht lange, setzte uns ein Unterschied zwischen der Schweiz und Schweden in Erstaunen. Bei uns werden die Strassen mit dicken, weiss-roten Holzstangen gekennzeichnet, falls eine dicke Schneedecke sie unauffindbar machen sollte. In Schweden genügen ganz einfache, schlichte Haselruten. Interessant! Irgendetwas blinzelte am Boden. Ich hob es auf - und musste schmunzeln. Es war ein 10 Kronenstück. Zehn Mal duschen waren somit gesichert. Für die grössere Erkundung nahmen wir das Auto zu Hilfe. Dabei entdeckten wir einen richtigen Hundetrail. Beat musste ihn gleich am Dienstag unter die Lupe nehmen. Ich kümmerte mich um das Hinkebein Tundra. Erfahrungsgemäss zog ich es vor, sie weit weg von den anderen spazieren zu führen. Sie hinkte zwar nicht mehr, weil sie aber ein ausgesprochenes Springinsfeld ist, würde sie auch so noch oft genug Gründe finden, um einfach so einen Freudensprung zu machen. Auf dem Heimweg schweiften meine Gedanken ab zu meinem Buch, das ich zu lesen begonnen hatte. Wie sie es machte, kann ich nicht mehr sagen. Aber Tundra machte mich ganz sanft aufmerksam, dass sie etwas bemerkt hatte. Erstaunt sah ich in unmittelbarer Nähe zwei Rehe. Sie fühlten sich durch unsere Anweswesenheit nicht besonders bedroht. Wir hatten keine Eile und kosteten dieses erfreuliche Zusammentreffen in vollen Zügen aus. Wieder zurück wartete ich gespannt auf Beat und Co. Irgendwann hörte ich das Auto. Überglücklich erzählte er mir von seinen Neuigkeiten. Er hatte "sein" Schweden gefunden.
Am Dienstag zwangen uns die Vorräte einkaufen zu gehen. Das ist immer so eine Sache! Erst im nachhinein würde es sich dann zeigen, wie erfolgreich unsere Entdeckungsreise mit den Lebensmitteln war. Auf dem Campingplatz stand uns eine Küche zur Verfügung. Also landeten Fische in unserem Korb. Schliesslich waren wir im Norden. Noch etwas Brot und Jogurts und es reichte für's Erste. Die Fische schmeckten ausgezeichnet. Doch das Brot...! Naja - es schmeckte süsslich. Dafür waren die Jogurts ein Volltreffer. Nicht nur der Inhalt stiess auf grossen Genuss. Nein auch die Becher waren uns sympatisch. Dank ihrer Breite konnten sich die Hunde ohne grosse Mühe ans Ausputzen machen.
Tags darauf schnallte sich Beat die Langlaufskier an die Schuhe und machte sich mit Phayun und Nalleni davon. Mit den restlichen Drei vergnügte ich mich in der näheren Umgebung. Die Biese blies mir erbarmunglos ins Gesicht. Meine Ausdauer kam schon bald zum Erliegen, und ich verkroch mich ins Auto. Ettliche Zeit später gesellte sich Beat zu mir. Phayun und er waren total begeistert. Nalleni weniger! Aber dieses Mal war die Brise nicht schuld. Nein, der Grund für die gedämpfte Freude war bei Phayun zu suchen. Sie ist ein absolutes Arbeitstier und für jede Betätigung zu haben. Sie stemmt sich ungeachtet der anderen ins Zeug - und genau das widerstrebt unserer Nalleni. Sie liebt es überhaupt nicht, wenn sie mitgerissen wird. Beat entschied, die Neckleine zu entfernen. So bekam Nalleni die Möglichkeit, ihr Tempo und ihren Weg zu laufen. Auf diese Weise betätigte sie sich als wackere Mitläuferin, und ihre Welt war wieder in Ordnung. Erfreulicherweise durften wir feststellen, dass auch Hunde als willkommene Benutzer der offiziellen Loipen angesehen wurden. Vielleicht waren dabei unsere Samojeden nicht ganz unschuldig. Auf jeden Fall waren Beat's Begegnungen mit anderen Leuten immer positiv. Am späteren Nachmittag begann es zu schneien und guchsen. Wie waren wir doch froh um unseren standfesten, gut beheizten Wohnwagen. Gutgelaunt dachten wir an ein Nachtessen in der nahegelegenen Pizzeria (mit angrenzendem Hotel). Wir gaben dem Kellner zu verstehen, dass wir gerne etwas typisch Schwedisches hätten. Uns kam zu Ohren, dass Schweden irgend so kleine Hackbällchen haben sollte. Der Kellner nickte und verschwand in der Küche. Wenig später wurde uns das bis anhin noch Unbekannte präsentiert. Auf dem Teller hatte es Gurken, Salzkartoffeln, Köttbullar (Hackbällche) an einer braunen Sauce und einen Löffel voll rote Sauce. Neugierig machten wir uns an die Arbeit. Zuerst kostete ich die Gurken. Sie sahen aus wie unsere Essiggurken, waren aber salzig. Demzufolge nannte ich sie Salzgurken. Diese waren etwas gewöhnungsbedürftig. Vorsichtig platzierte ich ein Köttbullar und ein Stück Salzkartoffel auf der Gabel. Wau! Das war ja etwas vom Feinsten. Es war einfach himmlisch. Zwischendurch naschte ich an der roten Sauce. Diese war vergleichbar mit den Preiselbeeren, die bei uns zu Wildgerichten serviert wird. Wir nahmen an, dass sie aus den Beeren gemacht wurde, die in Schweden beheimatet sind. Leider weiss ich ihren Namen nicht mehr, aber die Schweden schwärmen von ihnen. Für uns stand fest - wir würden nicht nach Hause fahren, bevor wir nicht nochmals dieses Gericht geniessen konnten. Wieder zurück wartete grosse Wäsche auf mich. Die Höschen von zwei hitzigen Hündinnen wäre eigentlich keine Sache gewesen. Doch uns stand eine 7kg grosse Waschmaschine zur Verfühgung. Somit hiess es Wäsche sammeln, damit dieses Monster ausgelastet war. Beneidenswert ist das weiche Wasser, das in Nordeuropa vorhanden ist. Die Wäsche und der Abwasch erwiesen sich als reines Vergnügen. Auch für die Duschkabinen ist der Kalk kein Thema. Wirklich genial! In Sachen Wäsche trocknen gab es überhaupt keine Probleme. Sie hatten einen Tumbler, einen Trocknungsschrank und zwei Trocknungsräume. Wir konnten alles benutzen, was wir sehr schätzten.
Es guchste und schneite immer noch. Dagegen war nichts einzuwenden, schliesslich vermissten wir bis anhin den richtigen Winter in Sälen. Bis zum Morgen hatte sich der Wind gelegt. Zu unserer Freude schneite es aber immernoch. Auf dem Glatteis ruhte eine dicke Schicht Neuschnee, und die Gefahr vom Ausrutschen war gebannt. Jetzt hatten wir DAS Schweden, wie wir es uns gewünscht hatten. Oberhalb Sälen entdeckten wir einen tollen Pfad für ausgiebige Spaziergänge. Später erfuhren wir, dass dieser Weg nach Särna führen würde. Särna war 69 Kilometer von Sälen entfernt. Ja - das würde reichen. Also für Beschäftigung war gesorgt. Die Ausflüge durch Schweden's Wälder waren einen Traum. Die Wälder sind sehr licht bewachsen und erlauben einen weiten Einblick in ihre Schönheit. Nun versetzte der Neuschnee diese Pracht auch noch in ein glitzerndes Naturschauspiel. Die Augen mussten ganz schön arbeiten. Es gab ja soo viel zu bewundern.
Weil bis zum Freitag noch nicht alle Trails erneuert worden waren, zog es Beat vor, mit Nalleni und Phayun nochmals denselben Trail zu befahren wie am Mittwoch. Ist ja nur verständlich, denn die Vielfalt und Länge an Trails ist für uns Schweizer schlicht unvorstellbar. Die können unmöglich an einem Tag erneuert werden. Die zurückgebliebenen Schlitzohren mussten mit mir vorlieb nehmen. Aber auch mir bot sich eine ineressante Möglichkeit, die uns alle auf ihre Kosten kommen liess. Die Vierbeiner beschäftigten sich mit intensivem Auskundschaften, und ich genoss einfach das ganze Umfeld. Aber was waren das für riesige Löcher im Schnee? Zuerst dachte ich an ein Rind. Vielleicht wollte es auch die schöne Schneelandschaft geniessen. Ich musste feststellen, dass ich das Rindvieh war. Ist ja so logisch! Das waren handfeste Beweise für die Anwesenheit eines Elches in diesem Waldteil. Schmunzelnd musterte ich diese gigantischen Spuren. Ach wie gerne hätte ich das Wahrzeichen von Schweden in freier Natur sehen wollen. Gutgelaunt stapften wir weiter. Irgendwann stellte ich fest, dass ich die Rolle des Leittiers übernommen hatte. Thaiga und Belyj Jar blieben stehen, und die sonst so neugierige Tundra tat es ihnen schon bald gleich. Was war los? Ich ging noch etwas weiter, doch die anderen drei taten keinen Wank. Ich gab mich schlau und gesellte mich wieder zu ihnen. Hatten sie mich jetzt ausgetrickst, oder nahmen ihre Nasen etwas wahr, das sie nicht einordnen konnten? Ihre Antwort war insofern direkt, indem sie einfach wie erwähnt stehen blieben und keine Anstalten machten, mich auch nur ein paar Meter weiter zu begleiten. Leider vermochte ich diese Situation nicht recht zu deuten, und so zottelten wir wieder nach Hause. Beat war mit seinen Ladies schon am Ausruhen und kam wie üblich nicht mehr aus dem Schwärmen heraus.
Am Sonntag besuchten wir das Verbindungsstück Sälen - Särna erneut. Dieser Weg eignete sich auch ausgezeichnet für eine Schlittentour. Für Tundra bedeutete dieser Tag - Premiere. Sie durfte das erste Mal im Gespenn arbeiten. Nach ein paar 100 Metern zeigte ihr Beat auch noch das Skijöring. Sie zeigte vollen Einsatz. Schon bald beendeten wir den Schnupperlerngang, denn die Hinkebeingeschichte war noch nicht lange her. Zudem war sie ja nicht einmal ein Jahr alt. Ausgespannt würde die Tour auch so noch genug Energie abverlangen. Nach ein paar Kilometern zweigte ein weiterer Weg von der Hauptroute ab. Wir stapften hinauf. Wo würde er uns wohl hinbringen? Verlaufen konnten wir uns nicht, solange wir die markierten Strecken nicht verlassen würden. Es war nur eine Frage der Zeit. Ettliche Meter später erreichten wir ein Hochplatteau. Herrlich! Die Skuterpiste lenkte uns durch unterschiedliche Gegenden. Mal durchquerten wir kleinere Wälder. Mal war es eine Art Tundra. Wir genossen diese Abgeschiedenheit und Vielfalt in vollen Zügen. Ein paar aufgescheute Schneehühner verhalfen den Schlitzohren zu ungeahnten Kräften. Völlig ausgerasstet, rissen sie mich und den Schlitten durch den nächsten kleineren Wald. So war für alle etwas Spannendes dabei. Irgendwann hatten wir das Gefühl, dass wir unser Auto schon längstens hinter uns hatten. Eine Waldschneise bot sich an, den Trail zu verlassen, um wieder auf den Särnaweg zurückzukehren. Unsere Orientierung stimmte in der Hinsicht, dass wir den uns bekannten Weg fanden. Doch wir tummelten uns noch ein paar Meter vor unserem Auto. Ist doch gut gelaufen. Nach knapp drei Stunden verstauten wir Hunde und Schlitten an ihre Plätze und fuhren zufrieden nach Hause. Ein weiterer eindrucksvoller Tag reihte sich an die anderen.
Die Strecke vom Vortag hatte uns dermassen gut gefallen, wir wollten sie am Sonntag gleich nochmals befahren. Bei unserem Parkplatz führte eine Skuterpiste direkt den Hang hinauf. Dieses Mal würden wir die Strecke in der entgegengesetzten Richtung angehen. Wir waren noch nicht lange unterwegs, als die "rettende" Waldschneise auftauchte. Nun waren wir wieder auf dem uns bekannten Trail. Auf dieser Höhe war die Biese unser steter Begleiter. An einer Kreuzung machte sich Unsicherheit breit, welchen Weg wir gestern befahren hatten. Wir konnten unsere Spuren nicht mehr finden. Der rechte Trail würde auch irgendwo hinführen. Das stimmte. Aber wir entfernten uns immer weiter von unserem Ziel. Zurück an der Kreuzung schlugen wir die andere Richtung ein. Ironischerweise trafen wir einige Kilometer später auf die Strecke von gestern. Aber dieses Zwischenstück war neu. Wir fühlten uns im Land der unbegrenzten Möglichkeiten - auf jeden Fall was den Schlittensport anbelangte. Ich muss noch erwähnen, dass Beat an diesem Tag zu Fuss unterwegs war. Er hatte Muskelkater. Tundra und Thaiga betätigten sich als Schlittenbegleithunde. Wenn Beat nicht vor dem Schlitten läuft, ist Thaiga nicht gerne eingespannt. Ist doch schön, wenn alle ihre Mödeli haben dürfen. Thaiga war aber sehr aufmerksam. Da ich mit dem Schlitten schneller war, gab es zwischen uns ab und zu rechte Distanzen. Sie wartete immer auf Beat. War ich mal kurze Zeit zu Fuss unterwegs, so wartete sie eben auf mich. Thaiga zeigt immer wieder ihren ausgeprägten Rudeltrieb. Sie lässt regelmässig unsere Herzen schmelzen. Sie ist und bleibt eine spezielle Hündin (die anderen übrigens auch). Aber das ist eben IHRE Stärke.
Eigentlich hatten wir gehofft, dass der Schnee in Schweden nicht an den Pfoten kleben bleibt. Doch die Erfahrung belehrte uns eines anderen. Gut ausgerüstet, steckten wir jede Pfote in einen Booti. Wir rechneten mit einem Theater. Erstaunlicherweise zeigten unsre Lieblinge eine grosse Flexibilität und Akzeptanz. Nur unsere Jüngste beendete diese Tour mit nur einem Booti an einer Pfote. Die restlichen drei verschwanden in meiner Jackentasche. Wir hatten ja gar nichts anderes arwartet. Nach knappen vier Stunden wollten wir uns auf den Heimweg machen. Unglücklicherweise manövrierten wir unser Auto so ungeschickt in den schneebedeckten Graben, dass er unser Auto nicht mehr frei gab. Zwei Spaziergänger eilten uns zu Hilfe. Aussichtslos! Mit jedem Versuch grub es sich tiefer in die weiche Schneemasse. Die zwei Räder, die noch auf der Strasse waren, scharrten das blanke Eis frei. Die Lage war verzwickt und unser Auto sass fest. Mit dieser Bekenntnis gab uns der helfende Mann zu verstehen, dass er nach Hause gehen und sein Auto holen würde. Dankend stimmten wir zu. Kurze Zeit später war sein Volvo vorgespannt. Beim dritten Versuch vermochten beide Autos zu greifen, und wir hatten wieder festen Boden unter den Rädern. Dankbar für dieses glückliche Zusammentreffen sehnten wir uns nach dem Wohnwagen. Zurück in der wohligen Wärme protestierte ich, dass ich am kommenden Tag keinen Schritt zu weit machen würde. Auch ich hatte Muskelkater. Schon bald gingen wir völlig erledigt schlafen.
Unsere Platzwarte gaben uns den Tipp, dass es in Richtung Sälen einen Wasserfall zu bestaunen gäbe. Der kam uns gerade recht. Autofahren - da kann man sich doch so schön erholen. Der Ausflug nach Sälen war ein Vergnügen. Wenig Verkehr und viel Wald, das liessen wir uns gerne bieten. In Sälen selber verweilten wir nur kurze Zeit. Es blieb uns aber als schönes, typisches Schwedendorf in Erinnerung. Seine Lage am zugefrorenen Särnasjön verleihte im einen speziellen Scharm. Weiter fuhren wir nach Mörkret. Der Wald war kilometerweit unser einziger Begleiter. Auf einer Anhöhe gab er die Aussicht auf die benachbarten Hügel frei. Der grösste Teil war auch bewaldet. Diese enorme Weite versetzte uns in grosses Staunen. Die Strasse wies uns den Weg. Irgendwann dirigierte uns eine Tafel zum Njupeskärvattenfall. Das musste er sein! Einige Kilometer weiter - Sackgasse. Aha. Wir parkierten und beäugten die uns gebotene Situation. Hej - wir standen am Tor zum Nationalpark. Grandios! Neugierig versuchten wir uns zu orientieren. Unteranderem war ein Gebäude "Naturum" angeschrieben. Das würden wir gleich unter die Lupe nehmen. Leider war die Tür verschlossen. Wie kleine Kinder spähten wir durch die Glastüre. Oh! Da war jemand. Sofort erinnerten wir uns an unsere gute Kinderstube und traten einen Schritt zurück. Der Wärter schloss auf und teilte uns mit, das das Naturum erst ab März geöffnet sei. Schade! Wir wollten schon auf dem Absatz kehren, als er uns hereinbat. Dankend traten wir in das aus Holz erbaute Museum. Eine wohlige Wärme nahm uns in Empfang und erst der Duft. Es roch so gut nach Holz. Ettliche Computer würden für umfangreiche Informationen sorgen. Sie waren zwar nicht eingeschaltet, aber das was wir sahen, zeugte von grossem Interessen und praktischem Übermitteln den Besuchern gegenüber. Auf einfache und spielerische Art wird den Besuchern mitgeteilt, welche Tiere, Pflanzen und Gesteine im Nationalpark beheimatet sind. So war auch ein Querschitt eines Föhrenstammes zu bewundern, der schon einige Waldbrände überlebt hatte. Ich wusste gar nicht, dass so etwas möglich ist. An einer Seitenwand wurden alle Parkbewohner in Lebensgrösse dargestellt. Da stand ich nun endlich vor meinem Elch. Plötzlich war ich mir nicht mehr so sicher, ob ich wirklich einem begegen wollte. Er müsste ja nicht gleich so nahe vor mir stehen. Fasziniert und staunend liessen wir uns von dieser liebevollen Atmosfhäre in eine andere Welt versetzen. Nur, dass diese andere Welt gleich draussen vor der Türe beginnen würde. Sie war nur am Ausruhen, und sie hatte sich ihren weissen Mantel übergezogen. Nebenbei möchte ich erwähnen, dass dieser Park erst seit 2002 als Nationalpark existiert. Ich bin mir sicher, dass dieser Juwel eine Aufwertung für Schweden bedeutet (wenigstens in unseren Augen). Herzlich bedankend für die grosszügige Geste verabschiedeten wir uns. Auf einer grossen Tafel waren die Verhaltensregeln aufgeführt - auch in Deutsch. Zu unserer Überraschung durften uns die Hunde angeleint begleiten. In der Schweiz ist auch dies verboten. Freudig befreiten wir die Schlitzohren aus dem Auto und marschierten in Richtung Njupeskärvattenfall. Der Weg dorthin war einfach traumhaft. Ich fühlte mich wie im Garten einer Schneekönigin. Verschneite Tannen beugten ihre Äste über den schmalen Pfad. Kleine Brücken und halbgefrorene Bächlein zeigten sich als dankbare Objekte in der Winterlandschaft, die uns wie Magnete anzogen. Verspielte Schneeflocken tanzten um uns und verleihten dem Zauber das gewisse Etwas. Eigentlich wollte ich mich schonen, doch für Gedanken an meinen Muskelkater fehlte mir ganz einfach die Zeit. Ich war nur beschäftigt mit einmaligen Kulissen auf mich wirken zu lassen. Scheinbar war ich nicht die Einzige, die sich mitreissen liess. Meine drei Schlitzohren - Thaiga, Belyj Jar und Nalleni - zogen derart an den Leinen. Ab und zu benötigte es schon fast ein Machtwort, um mir etwas Zeit zu verschaffen, damit ich diese Märchenlandschaft ausgiebig geniessen konnte. Irgendwann standen wir vor dem Njupeskär. Er war völlig in Eis gehüllt. Zugegeben, er konnte uns nicht so fesseln - dafür der Weg dorthin um so mehr. Einer Spur folgend versuchten wir auf der anderen Seite zurück zu gehen. Knietief versanken wir im Schnee. Unsere Mädels störte das überhaupt nicht. Phayun war sowieso erpicht, möglichst keine Bewegung irgendwo zu verpassen. Sie ist eben unser Spärber. Wer aber die Ausflüge auf's Genaueste auskostete, war unsere Jüngste. Wollte Beat unsere Tundra mit einem Ruck zum Weitergehen auffordern, stemmte sie sich cool dagegen, um ja noch eine Nase voll feiner Düfte mitnehmen zu können. Sie hätte ja etwas Wichtiges verpassen können. "Nasenbär" ist nun ihr Spitzname. Schon so oft habe ich mich gefragt, wie sie es merkt, wie weit sie die Nase in den Schnee stecken kann, damit es ihre Wundernase unbeschadet übersteht. Eine Antwort habe ich bis heute noch nicht erhalten. Stattdessen vergnügte ich mich, unsere Hunde bei ihren Stärken und Mödeli zu beobachten. Mit vielen neuen Eindrücken machten wir uns auf den Weg nach Sälen. Für die Heimfahrt gab es eine Abkürzung vor Särna, die aber später in die herkömmliche Strasse einmündete. Wir hatten die ganze Strasse für uns allein: kein Auto, keine Leute - nur ein paar Häuser im Winterschlaf (so hatten wir wenigstens den Eindruck). Vielleicht täuschten wir uns, denn die Strasse war zwar schneebedeckt aber tadellos zu befahren. Der Winterdienst in Schweden muss eine grandiose Organisation sein, wenn man die Landesgrösse mit der Schweiz vergleicht.
Am Dienstag wiederholten wir den Spaziergang, den ich am Freitag schon kennengelernt hatte. Zum Glück war es Winter, denn oberhalb Sälen befand sich ein Steinbruch. Um diese Jahreszeit würde sich kein Lastwagen da hinauf verirren. Zu unserer Freude stiessen wir sogar auf einen Lagerplatz von einem Elch. Ich befand, dass unsere Hunde sicher nicht förderlich waren, um so ein Prachtstier in Natura sehen zu können. Auf jeden Fall zeigte er uns wenigstens, dass er hier zu Hause war. Wieder zurück in der beheizten Behausung, musste ich Nalleni einer kleinen "Operation" unterziehen. Sie hatte sich anfangs dieser Woche eine Kralle der rechten Hinterpfote gebrochen. Weiss der Kuckuck, wie das passieren konnte. Mittlerweilen war die Bruchstelle so gross, dass ich es für besser hielt, den Rest zu entfernen. Ein paar beschwörende Worte an Nalleni, und ich machte mich ans Werk. Tapfer fügte sie sich meiner Absicht. Für ein paar Tage bekam sie einen Booti verpasst. Ich hoffte so die ungeschützte Kralle schonen zu können. Im Verlaufe des Tages sank die Temperatur unter -18° Cesius. Wir genossen die Wärme im Wohnwagen und fühlten uns gut aufgehoben auf unserem Campingplatz. Trotz der Kälte fielen kleine Schneeflocken.
Am nächsten Morgen musste ich den Schnee genauer in Augenschein nehmen. Fällt der Schnee bei so niedrigen Temperaturen, klebt er nicht zusammen. Fasziniert bestaunte ich die kleinen Kunstwerke. Ein Sternchen reihte sich an das andere - und diese Vielfalt. Ich war hin und weg. Diesen Mittwoch zog mich mein Buch in seinen Bann. Ich musste es unbedingt fertiglesen. Thaiga, Belyj Jar und Nalleni kamen an diesem Tag zu kurz. Beat kümmerte sich um die jüngeren Zwei. Am Nachmittag rufte die Natur nochmals nach Beat. Phayun durfte ihn begleiten. Allein ist sie eine absolut zuverlässige Hündin. Suverän befolgt sie die Kommandos. Im Gespann ist sie unsere Leithündin. Sie liebt den Sport genau wie Beat. Ist doch gut so. Die anderen Schlitzohren haben andere Vorzüge, die wir fast alle schätzen.
Der Donnerstag stand unter einem etwas unglücklichen Stern. Phayun's Gesundheit zwang uns, ein zweites Mal einen Tierarzt aufzusuchen. Sie hatte Anzeichen einer verlängerten Läufigkeit, die wir schon bei der letzten Läufigkeit behandeln mussten. Wir machten uns auf die Suche nach fachmännischer Hilfe. Bereits am Dienstag hatten wir telefonischen Kontakt mit einem Tierarzt. Er riet uns, die Temperatur zu messen. Sollte der Ausfluss nicht aufhören, müssten wir am Donnerstag vortraben. Die Frauen bei der Information waren sehr hilfsbereit. Sie teilten auch mit, dass die Praxis in Skarpröet war (etwas weiter als Malung). Also fuhren wir schon früh in das 64 Kilometer entfernte Malung. Bei der Information erhielten wir einen Termin und eine Wegbeschreibung. Uns blieb genügend Zeit, um in aller Ruhe ein Mittagessen zu genehmigen. In einem Selbstbedienungsrestaurant reihten wir uns in die Warteschlange ein. Das was wir auf den anderen Tellern sahen, sah schmackhaft aus. Wir brachten es fertig, dasselbe serviert zu bekommen. Auf unseren Tellern häuften sich Teigwaren, darüber gab es gebratene Schinken- und Gemüsestreifen an einer braunen Sauce. Es roch herrlich. Auf den Tafeln konnten wir entziffern, dass ein kleiner gemischer Salat - nach freier Wahl, 3dl Tafelgetränk nach Wahl und ein feiner Kaffee zum Menu gehörten. Ich staunte nicht schlecht, dass das alles umgerechnet 10.- Franken gekostet hatte. Noch mehr staunte ich, als ich beobachten konnte, dass für denselben Preis nachgeschöpft werden durfte. Da wollte mir doch jemand weis machen, dass Schweden ein teures Land sein solle. Seit dem damaligen Tag weiss ich es besser. Am Nachmittag schlenderten wir durch Malung. Malung ist DIE Lederstadt von Mittelschweden. In der Tat, wir hätten uns aufs Feinste einkleiden können. Stattdessen begnügten wir uns mit Handschuhen aus Elchleder. Die waren für diese Jahreszeit sinnvoller. Langsam drängte die Zeit, den Tierarzt aufzusuchen. Der Weg führte in Richtung Mora durch die schönsten Winterlandschaften. Wir glaubten uns schon verfahren zu haben, als endlich der Abzweiger nach Skarpröet auftauchte. Durch Wald und Landwirtschaft und über einen unbewachten Bahnübergang gelangten wir zu zwei Wohnhäusern und drei Stallungen. Ob wir richtig waren? Tatsächlich! Beat entdeckte an einer Türe ein Schild, das auf eine Art Tierklinik hinwies. Wir runzelten wortlos die Stirn. Nun wussten wir, wo wir hin mussten und die Zeit reichte immer noch, um unsere Lieblinge spazieren zu führen. Dieser Tag würde nicht ganz hundegerecht ausfallen. Erneut vor der "Klinik" trafen wir auf Herr Oscarson - ein grosser, stattlicher Mann, der uns beide locker in den Schatten zu stellen vermochte, hätte die Sonne geschienen. Glücklich über seine Deutschkenntnisse klagten wir unsere Befürchtung. Er befand den Ausfluss auch nicht für normal und stellte ein Rezept aus. Seit dem Dienstag vergangener Woche zeigten vier Hunde Verdauungsprobleme. Ein weiteres Rezept sollte für Abhilfe sorgen. Froh über die Rezepte, verabschiedeten wir uns von Herr Oscarson und seiner museumsreifen Praxis, die offensichtlich noch wacker ihren Dienst erfüllte. Zurück in Malung mussten wir nur noch eine Apotheke finden, um die Medikamente besorgen zu können. Dieses Prozedere hatten wir ja schon mit Thaiga kennengelernt. Die Nacht löste bereits den Tag ab als wir nach Hause fuhren. 80 Kilometer benötigten wir zu Herr Oscarson. Ein halber Tagesausflug für den Tierarzt - für uns Schweizer schwer zu verstehen. Wie gross würde erst noch sein restliches Wirkungsgebiet sein?
Ein wenig skeptisch über die Anwendung der erhaltenen Medikamente legten wir uns schlafen. Am Morgen nahmen meine Ohren ein leises Prasseln wahr. Nein, das würde wohl nicht möglich sein, dass es schon wieder regnete. Ein hastiger Blick nach draussen - und meine verkrampfte Miene verwandelte sich in ein dankbares Lächeln. Leise rieselt der Schnee... besingt ein Adventslied. Wie recht es doch hat. Ich musste noch etwas lauschen. Schliesslich lässt sich der Schnee nicht das ganze Jahr hören. Die ersten zehn Tage waren so aufregend und bezaubernd, dass es uns nie leid war, bereits bekannte Wege erneut zu begehen oder zu befahren. Mal waren wir die ersten, die Spuren hinterliessen - mal verzauberte die Sonne alles um uns in ein warmes Licht, und das nächste Mal liess der Himmel Glimmer auf uns schneien. Wir genossen es allemal. Meine Neugier brachte es sogar fertig, bei einem älteren Paar ins Haus gebeten zu werden. Die Wärme, die mir die liebevolle Einrichtung entgegen brachte, faszinierte mich zu tiefst. Auch im Innern waren weitere Lichtquellen (passend zur Fensterbeleuchtung) zu finden. Kerzen verströmten ihr warmes Licht. Wie wichtig muss doch dort oben ein warmes und liebevolles Zuhause sein?
Wie ich bereits erwähnt habe, nahm ich mir viel Zeit für meine Bücher. Nicht selten dauerten meine Lektüren in den nächsten Tag hinein. Phayun lag neben mir auf dem Polster, das Radio war eingeschaltet, als es ein weiteres Mal auf Mitternacht zuging. Plötzlich setzte sie sich mit geradem Rücken hin und schaute angespannt nach draussen. Ich schaute flüchtig, konnte aber nichts entdecken. Ihre Haltung entspannte sich jedoch nicht und ich wurde neugierig. Konzentriert suchte ich den Vorplatz ab. Ja natürlich! Da waren sie wieder. Dank der hellen Schneedecke konnte ich langsam aber sicher die Umrisse unserer Freunde ausmachen. Gute Lady! Anerkennend nahm ich Phayun in den Arm. Gemeinsam beobachteten wir "unsere" Rehe, die sich leise ihren Weg durch den Schnee bahnten. Ist doch schon erstaunlich, wie feinfühlig so ein Hundewesen sein kann. Ich weiss nämlich nicht, ob sie sie gehört oder mit der Nase wahrgenommen hat. Eigentlich ist es mir auch egal. Fasziniert bin ich allemal! Übrigens - am Morgen ging ich kurz nachschauen und durfte feststellen, dass die nächtlichen Besucher etwa 12 Meter neben unserem Wohnwagen vorbeigestapft waren. Das nenn ich Ferien mit allem Drum und Drann.
In der dritten Woche war es vorübergehend fertig mit der Ruhe. Eine Woche nach unserer Abreise würde der Vasaloppet stattfinden, bei uns wäre das der Engadiner Skimaraton (nur etwas kleiner). Offensichtlich hatten wir einen für Schweden schneearmen Winter erwischt. Tonnenweise musste der Schnee zusammengeführt werden, somit wurden auch unsere Wege nicht verschont. Doch Schweden zeigte sich in solchen Situtionen sehr entgegenkommend. Es hielt uns immer einen Weg frei, wo wir ungestört die Natur geniessen konnten. Schliesslich war die Zeitung von Tundra soo gross, da hatten Lastwagen einfach keinen Platz. In dieser Woche zeigte sich das Wetter von der kältesten (nachts bis zu -28° Celsius) und zugleich sonnigsten Seite. Der Schnee knirschte unter den Schuhen, und zwischendurch hüllte uns der Himmel in seinen schönsten Glimmer. Die Sonnenstrahlen liessen die losen Schneekristalle um die Wette funkeln. Es war herrlich. Unsere Schlitzohren schenketen dieser Glitzerwelt nicht die geringste Beachtung. Ihre Interessen waren anderer Natur. Zum Glück ist Schweden so vielseitig!
Genau dieser Vasaloppet war es, der uns um unsere Köttbullar kommen liess. Am Abend vor unserer Abreise steuerten wir erwartungsvoll auf die Pizzeria zu. Wir wussten, dass die Vasaloppet - Strecke bereits eine Woche vor dem Hauptereignis der Öffentlichkeit freigegeben würde. Diese Teilnehmer konnten ihren Start frei wählen. Nichts ahnend bestellten wir unsere Hackbällchen. Uns wurde jedoch mitgeteilt, dass das Hotel ausgebucht sei und die Küche nur eine beschränkte Auswahl an Schlemmereien zu bieten hätte. Enttäuscht fügten wir uns dem für uns unglücklichen Zusammentreffen. Wir würden uns die Köttbullar für die nächste Schwedenreise aufheben müssen.
Montag! Schweren Herzens verabschiedeten wir uns von den Campingplatzbesitzern und traten die Heimreise an. Das Wetter war uns nicht besonders gut gesinnt. Doch in Schweden ist der Strassenverkehr nicht hektisch, und so erreichten wir relativ ungestresst um 19.20 Uhr die Fähre nach Helsingor . Diese Fahrt war nur von kurzer Dauer (30 Minuten). Hastig eilte ich auf's Deck, schliesslich wollte ich das Lichtermeer der beiden Städte bewundern. Erstaunt stellte ich fest, dass paralell zu uns eine zweite Fähre dieselbe Strecke befuhr. Eine Dritte kam uns entgegen und fuhr zwischen der unseren und der uns begleitenden Fähre durch. Naja, man kann es auch spannend machen. In Dänemark hielten wir verzweifelt Ausschau nach einer grossen Raststätte. Vergebens! Auf dem Parkplatz eines Campingplatzes verbrachten wir die Nacht. Zurück auf der Autobahn gerieten wir schon bald in ein reges Schneetreiben. Schneeverwehungen und bedeckte Fahrbahnen begrenzten die Geschwindigkeit. Um 10.30 Uhr erreichten wir die Fähre nach Puttgarden. Der Zug war auch wieder dabei - dieses Mal in voller Länge. Ein relativ starker Wellengang verlieh uns das Gefühl leichter Betrunkenheit (vorallem beim Gehen), und liess die Fähre ab und zu erschüttern. Kräftigere Wellen kündigten sich mit einem dumpfen Aufprall an, und liessen anschliessend das Wasser meterhoch an uns vorbeispritzen. Naturschauspiel pur! Nach cirka 45 Minuten befuhren wir deutschen Boden. Wir waren wieder im Land der schwarzen Krähen. In Dänemark und Schweden haben die Krähen einen schwarzen Kopf, schwarze Flügel und einen schwarzen Schwanz - der Rumpf ist grau. Sie haben mir gar nicht schlecht gefallen. Was uns aber überhaupt nicht gefiel, waren die Wetterprognosen. Die Leute vom Campingplatz teilten uns noch mit, dass der Schnee von Deutschland gegen den Norden ziehen würde. In Dänemark hatte ich die Hoffnung, dass wir das Gröbste überstanden hätten. Leider war dies nur der Vorbote (wie sich später noch zeigen würde). Nach der Fähre war der Himmel grau und trüb, aber die Luft war trocken. Kurz nach Hamburg stand ein Polizeiauto mit Blaulicht auf dem Pannenstreifen. Wir wussten diese Präsenz nicht recht zu deuten und fuhren an der folgenden Ausfahrt vorbei. Leider! Wenige Kilometer später bemerkten wir einen Stau. Nach und nach sickerte durch, dass eine Massenkarambolage der Grund unseres schleppenden Reisetempos war. Stunden vergingen, bis wir zuschauen konnten, wie eine dreispurige Autobahn bei der einzigen Ausfahrt umgeleitet wurde. Zum Glück waren wir mit unseren Hunden noch kurz spazieren gegangen, bevor wir in den Stau gerieten. Sie zeigten sich von der besten Seite, mucksmäuschenstill fügten sie sich der misslichen Lage. Scherzend musste ich Beat fragen, ob wir sie überhaupt eingeladen hätten. Es war schon bald 19.00 Uhr, als sich der Tross Meter für Meter von der Autobahn wälzte. Mehr stehend als fahrend durchfuhren wir ein kleineres Dorf. Wir mussten befürchten, dass es genau so lange dauern könnte, bis wir wieder zurück auf die Autobahn konnten. Der Verkehr wurde links umgeleitet - wir fuhren rechts. Irgendwo auf einer Nebenstrasse fanden wir einen Platz zum Übernachten. So kamen wenigstens unsere Lieblinge einigermassen pünktlich zum Nachtessen. Morgens um 2.30 Uhr versuchten wir die versäumte Zeit aufzuholen. Mittlerweilen sahen wir uns der zweiten Schneefront ausgeliefert. Die Verkehrsmelungen verhiessen nichts Gutes. Schon bald sahen wir den ersten verunglückten Lastwagen, der Zweite und Dritte folgten bald. Die Fahrbahn war stellenweise vereist. Nachdem das Überholmaöver eines Lastwagens mit schleudern begleitet war, reduziete Beat die Geschwindigkeit erneut. Nach bangen Stunden erreichten wir trockene Fahrbahnen. Wir atmeten auf. Der Sonnenaufgang kündete das vollständige Ende des Schneetreibens an. Nach einer kurzen Mittagspause stauten sich die Lastwagen ein zweites Mal. Oh nein! Auf der mittleren Bahn stehend, erfuhr Beat von einem Chauffeur, dass ein weiterer Unfall das Weiterkommen verunmöglichte. Die Polizei würde aber die Personenwagen bei einem Rastplatz herauslassen. Wir sollten es doch auch versuchen. Gesagt - getan. Einem PW folgend lotste dieser uns durch unbekanntes Gebiet ein Stück weiter südlich zurück auf die Autobahn. Phu! Da war das Glück einmal mehr auf unserer Seite. Dieser Unfall bewirkte, dass die Autobahn seltsam leer war. Ich wagte es sogar, Beat für zwei - drei Stunden abzulösen. In einer spätern Verkehrsmeldung mussten wir erfahren, dass sich die Lastwagen um die 16 Kilometer zurückstauten. Arme Chauffeure! Im Gebiet Singen passierte auf der Gegenfahrbahn ein weiterer Unfall. Nun hatten wir die Nase voll, und wir wollten nur noch eines - zurück in die Schweiz. Dankbar für die heile Ankunft Zuhause um 15. 35 Uhr machte sich die Müdigkeit bemerkbar. Diese Reise würde mir noch lange zu denken geben.
In den folgenden Tagen schweiften unsere Gedanken immer wieder ab nach Schweden. Die Schweden selber empfanden wir als sehr freundlich, gesprächig und interessiert. Sie konnten nur nicht verstehen, was Schweizer im Februar bei ihnen machen würden. Sicher, für den Skisport würden wir nie nach Schweden fahren. Unsere Berge sind in dieser Hinsicht von den Schwedischen nicht zu übertreffen. Hingegen wer den Hunde- und Langlaufsport (vorallem klassisch) liebt, da ist Schweden der Schweiz um ein Vielfaches überlegen. Ich könnte mir vorstellen, dass sogar die meisten Schweden selber kaum wissen, was ihr Land in diesem Sektor für fast unbegrenzte Möglichkeiten zu bieten hat. Wir durften einen kleinen Teil davon kennenlernen. Wie ich schon erwähnt habe, verfügen die nordischen Länder über ein herrlich weiches Wasser. Kalk ist für Duschen und Waschmaschinen ein Fremdwort. Zudem war mir auch symphatisch, dass Elektrogeräte aus der Schweiz mit Zweipolsteckern ohne Zwischenstück verwendet werden konnten.
Die Reise selber war für die Hunde sicher kein Schleck. Sie verliehen uns aber den Eindruck, dass Schweden auch für Vierbeiner ein absolut attraktieves und lebenswertes Land sein könnte, wenn nur der Tierartz nicht so weit weg wäre. Weshalb unsere Gwundernasen mit dem Durchfall zu kämpfen hatten, können wir nicht begründen. Vor und nach der Reise gab es vom gleichen Futter - nur Zuhause hatten wir nie Probleme. Noch eine Erfahrung sind wir reicher, wir werden nie mehr ohne Fiebermesser in die Ferien fahren. An was wir auch nie gedacht hatten: In der Schweiz erlebten wir mit unseren Hunden noch nie einen Winter, indem wir den Schnee so lange geniessen konnten. Das zeigte sich ganz deutlich an den Krallen. Im Schnee und mit den Bootis vermochten sie sich nirgends recht abzuschleifen. Der Anblick war schockierend.
Leider blieb uns in diesen Ferien der Elch und das Nordlicht verborgen. Das konnte uns aber die Freude an Schweden nicht nehmen. Im Gegenteil! Schweden liess uns teil haben, als es seinen prächtigen Mantel übergezogen hatte. So schön das verschneite Schweden war, das grüne Schweden würde sicher genauso interessant sein. Der Sommer oder Herbst sind sicher auch eine Reise wert. Wir müssen Schweden einfach wieder mal besuchen gehen!
Der Bericht ist nicht ganz kurz ausgefallen. Das ist mein Reisebericht und wie wir es erlebt haben. Beat's Beitrag sind die Bilder. Er hat die Ausflüge über die traumhaften Fjälle im wahrsten Sinne des Wortes bildlich festgehalten. Es waren herrliche Ferien, und wir hoffen auf ein Wiedersehen mit Schweden.